Wie in jedem Verkaufsprozess gibt es auch beim Immobilienverkauf verschiedene Strategien. Doch ob privat oder mit einem Makler – die meisten setzen auf die Hochpreisstrategie.
Für viele private Verkäufer ist das die Folge fehlender Erfahrung, bei manchem Maklerkollegen hingegen schlicht der einfachste Weg, sich ein Verkaufsmandat zu sichern... Selbstverständlich hat die Hochpreisstrategie – unter Berücksichtigung des jeweiligen Kundenbedürfnisses und des individuellen Angebots – ihre Daseinsberechtigung und findet auch in unserem Dienstleistungsportfolio Anwendung.
Für wen ist diese Strategie also potenziell geeignet?
• Exklusive Immobilienangebote, die gezielt einen speziellen Käuferkreis ansprechen.
• Verkäufer ohne Verkaufsdruck, die sich Zeit nehmen können und keinen Zugzwang haben.
Für alle anderen hat diese Herangehensweise allerdings nichts mit einer echten Verkaufsstrategie zu tun - sie basiert einzig und allein auf dem Prinzip der Hoffnung.
Zahlreiche Studien und meine Erfahrung aus hunderten Verkäufen zeigen eines deutlich: Viele Verkäufer sind mit Bezug auf den tatsächlichen Verkaufsgrund nicht ausreichend ehrlich zu sich selbst. Dabei spielt der Zeitpunkt des Verkaufs für die meisten eine entscheidende Rolle - Sei es aus finanziellen Gründen oder, weil sie den psychischen Druck eines stagnierenden Angebots unterschätzen.
Gerne nenne ich ein Beispiel für den unterschätzten psychischen Druck: Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen eine alte Lampe auf Ebay Kleinanzeigen. Sie bieten sie für 80 € an, weil Sie überzeugt sind, dass es ein besonderes Stück ist. Doch niemand fragt an. Was passiert? Sie senken den Preis auf 50 €. Endlich kommen die ersten Nachrichten – doch sie sind alles andere als ernstzunehmend. Ein paar „freche“ Angebote, die Ihnen vor allem eines rauben: Zeit und Nerven. Eigentlich wollten Sie die Lampe nie unter 50 € abgeben, aber sie jetzt zu behalten, kommt auch nicht mehr infrage. Also senken Sie den Preis erneut und verkaufen sie schließlich für 30 € – weit unter Ihrer ursprünglichen Vorstellung. Hauptsache, sie ist weg.
Genau diesen Prozess erleben viele Immobilienverkäufer – nur mit weitreichenderen Folgen. Was bei einer Lampe vielleicht ärgerlich ist, hat beim Verkauf einer Immobilie unter Umständen existenzielle Auswirkungen. Hier sprechen wir nicht über ein paar Euro, sondern über Zehntausende Euro, die durch Fehlentscheidungen verschenkt werden.
Der Unterschied? Bei Immobilien kommen neben strategischen Fehlern auch rechtliche Herausforderungen hinzu, die die Situation zusätzlich verschärfen. Wer hier ohne Plan agiert, zahlt am Ende die Rechnung – finanziell und emotional.
Eingangs hatte ich bereits Maklerkollegen erwähnt, die die Hochpreisstrategie vor allem aus einem Grund bevorzugen: Sie dient als einfacher Vorwand, um den Verkaufsauftrag zu sichern. Im Grunde tun sie nichts Unrechtes. Hübsch verpackt mit Floskeln wie keine Vertragsbindung, Nachlässe in der Provision usw. erzählen sie Ihnen schlicht das, was viele Verkäufer eben hören wollen, und vermeiden es, Sie von der unbequemen Wahrheit überzeugen zu müssen.
Lassen Sie uns mit Bezug auf die Hochpreisstrategie noch einen letzten Punkt ergänzen:
Variante 1: Sie platzieren Ihr Immobilienangebot großzügig mit ca. 10% über Marktpreis bei 610.000 €. Es folgt die erste und mangels Anfragen zugleich letzte Besichtigung. Das Ergebnis? Ein einzelnes Angebot über 490.000 €. Sagen Sie zu? Oder warten Sie auf ein besseres? Was passiert, wenn in Folge kein weiteres Angebot kommt und der Interessent inzwischen abgesprungen ist?
Variante 2: Drehen wir den Spieß um. Sie platzieren das Angebot von Anfang an bei 560.000 € – einem realistischen, marktgerechten Preis. Anstatt einer einzelnen Besichtigung organisieren Sie einen Besichtigungstag mit mehreren Interessenten. Weil es heute darauf ankommt, wird die Immobilie zusätzlich im besten Licht präsentiert: Sie räumen auf, entfernen persönliche Gegenstände und sorgen dafür, dass jeder Raum optimal wirkt. Das Ergebnis? Zwei echte Kaufzusagen zum Angebotspreis. Jetzt sind Sie in der stärkeren Position: Wollen Sie die nette Familie, die das Haus wertschätzt? Oder lassen Sie die Käufer noch einmal ein verbessertes Angebot abgeben? Fühlt sich anders an, oder? Hier verkaufen Sie nicht aus Unsicherheit, sondern aus einer Position der Stärke. Sie haben echte Nachfrage geschaffen – der Schlüssel für den bestmöglichen Preis.
Zahlreiche Studien belegen genau das: Ein realistischer Preis von Anfang an führt zu kürzeren Verkaufszeiten und erzielt deutlich höhere Verkaufserlöse.
Am Ende gilt ein einfacher Grundsatz aus den grundlegenden Prinzipien der Marktwirtschaft: Der „beste“ Preis entsteht dort, wo Angebot auf Nachfrage trifft. Mit einer realistischen Preisstrategie schaffen Sie Nachfrage, erhöhen den Wettbewerb und erzielen das optimale Ergebnis.
Fazit: Der Immobilienverkauf ist eine der wichtigsten finanziellen Entscheidungen im Leben vieler Menschen. Ob Sie Ihre Immobilie privat verkaufen oder mit einem Makler zusammenarbeiten möchten – entscheidend ist, dass Sie eine klare Strategie haben.
Ein realistischer Angebotspreis und ein durchdachter Verkaufsprozess schaffen nicht nur Nachfrage, sondern auch Vertrauen und Handlungssicherheit. Mit Bezug auf den Privatverkauf liegt der Schlüssel darin, ehrlich zu sich selbst zu sein: Haben Sie die Zeit, die Erfahrung und die emotionale Distanz, die ein erfolgreicher Verkauf erfordert?
Sollten Sie sich für die Zusammenarbeit mit einem Makler entscheiden, achten Sie darauf, dass dieser nicht nur Versprechen macht, sondern auch konkrete Ergebnisse und eine fundierte Verkaufsstrategie vorweisen kann. Vertrauen Sie nicht blind auf Hochglanz-Werbung, sondern hinterfragen Sie, wie der Makler plant, Ihre Immobilie zu vermarkten und welche Ergebnisse er in der Vergangenheit erzielt hat.